(www.dgb-jugend.de) Anlässlich einer aktuellen HIS-Studie feiert Bundesbildungsministerin Johanna Wanka den Master als Erfolgsgeschichte. Aber ist er das wirklich? Die DGB-Jugend kommt zu einer ganz anderen Einschätzung. Von Susanne Braun
Bologna - nur Erfolge?
Der Bologna-Prozess ist eine europäische Erfolgsgeschichte und fast alle Studierenden machen ihren Master im Wunschfach und am Wunschort - diese Einschätzung konnte man jüngst der Pressemitteilung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) entnehmen. Die zuständige Ministerin Johanna Wanka (CDU) bezieht sich dabei auf die vom eigenen Ministerium in Auftrag gegebene Befragung von Masterstudierenden mit dem Titel "Das Masterstudium als zweite Phase der gestuften Studienstruktur", die vom Hochschul-Information-System (HIS) durchgeführt wurde.
Eines kann man jedenfalls sagen: Wanka beherrscht die Rosinenpickerei. Die DGB-Jugend hat sich die Studie genauer angeschaut - und kommt zu einer ganz anderen Einschätzung zur Mastersituation. Zu erst einmal: Es wurden nur Masterstudierende befragt, d. h. Menschen, die es bereits geschafft haben, einen der begehrten Masterstudienplätze zu erhalten. Das sagt zwar viel über die Einschätzung und Zugangswege dieser Studierenden aus, leider aber wenig über die Übergangssituation zwischen Bachelor und Master insgesamt.
Durchaus interessante Studienergebnisse
Die Studie ist allerdings in anderen Punkten sehr aufschlussreich. Neben dem fachlichen Interesse nannten 89 Prozent der Masterstudierenden die Verbesserung der Berufschancen als Motiv, 49 Prozent hatten ein Berufsziel, das einen Master voraussetzt, und 51 Prozent haben wenig Vertrauen, dass ihr Bachelor reicht, um gute Jobchancen zu haben. Rechnet man noch diejenigen hinzu, die nicht arbeitslos sein wollen, entsteht der Eindruck, dass der Bachelor von den Studierenden nach wie vor nicht als vollfertiger Studienabschluss wahrgenommen wird.
Gestützt wird diese Einschätzung von den Ergebnissen zur Erwerbsarbeit mit Bachelorabschluss - von denjenigen, die nicht sofort den Master an ihr erstes Studium angeschlossen haben. Über ein Drittel nahm eine Arbeit auf, die nicht an einen Bachelorabschluss gekoppelt war. Das liest sich nicht besonders dramatisch, deutet aber darauf hin, dass sich der Berufseinstieg schwierig gestaltet. Nicht zu letzt deswegen wollen viele Studierende nach dem Bachelor noch ein Masterstudium absolvieren.
Not everyone's cup of cake - Dieser Kuchen ist leider nicht für alle da. Das will die DGB-Jugend ändern.Foto: Nelo Locke
Master und Zugang
Was diese Studie ebenfalls beschreibt: die Zugangsprobleme, die so ein Masterstudium beinhaltet. So sind nicht nur 25 Prozent aller Studiengänge zulassungsbeschränkt, auch für den Rest gibt es häufig Zugangshürden. Von Mindestnoten über Eignungsprüfungen, Leistungsnachweisen und Aufnahmegesprächen ist alles dabei. 68 Prozent der Befragten gaben an, zwischen zwei und vier dieser Anforderungen erfüllen zu müssen. Besonders interessant: Bei den letztendlich gut 6.500 Fragebögen, die ausgewertet wurden, ließen sich sage und schreibe 558 verschiedene Kombinationsmöglichkeiten von Aufnahmeanforderungen finden. Das bedeutet: Hochschulen nehmen massiven Einfluss darauf, wer überhaupt studieren darf.
Was jetzt notwendig ist
Die DGB-Jugend fordert deshalb bundeseinheitliche Regelungen, die den Zugang zum Master gesetzlich garantieren. Die Zahl der BachelorabsoventInnen übersteigt die Zahl vorhandener Masterstudienplätze bei weitem. Zusammen mit der Vielzahl an Zugangsbeschränkungen wird schnell klar, dass man schon einen enormen Durchhaltewillen braucht, um tatsächlich ein Masterstudium aufzunehmen. Menschen, die diesen nicht haben, tauchen in der aktuellen HIS-Statistik erst gar nicht auf.
Selbst VertreterInnen der Kultusministerkonferenz und des Centrums für Hochschulentwicklung, CHE, sehen einen starken Nachholbedarf bei den Masterkapazitäten. Der im Hochschulpakt 2020 festgelegte Ausbau von Bachelorstudienplätzen steigert auch das Nachfragepotential für Masterstudienplätze. Zumal das Ziel, die Bildungsbeteiligung zu erhöhen und ein Konzept des lebenslangen Lernens zu etablieren, auch eine großzügige Kapazitätsplanung nötig macht.
Engpässe mögen aktuell noch überschaubar sein, werden aber zunehmend ein Problem. Einführung von Bachelor ohne passenden Master, doppelte Abiturjahrgänge, Weiterbildungsmaster und das Heilsversprechen Bildung gegen Arbeitslosigkeit - all diese Faktoren werden die Nachfrage enorm steigern. Dass die meisten Befragten in ihrem Wunschstudium untergekommen sind, ist schön, kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Bedarf an Masterstudienplätzen weiterhin nicht gedeckt ist und viele unter diesen Bedingungen eben nicht weiterstudieren können oder wollen.
Frau Wanka scheint ein schlechtes Gedächtnis zu haben, wenn die Proteste rund um die Bolognareform schon vergessen sind und die ach so zufriedenen Masterstudierenden herangezogen werden, um ein Loblied auf die Bolognaprozesse zu singen. Der Druck, der in diesen Protesten aufgebaut wurde, hat überhaupt erst dazu geführt, dass Studien- und Prüfungsordnungen dahingehend geändert wurden, dass Workload und Prüfungsumfang auf ein zu bewältigendes Maß reduziert wurden. Eine interessante Seiteninformation der Studie an dieser Stelle: 44,3 Prozent der Studierenden finden, dass ihr Studium nur mit großem zeitlichem Druck zu bewältigen ist. Hier scheint es also noch Verbesserungsbedarf zu geben.
In diesem Sinne: Für den Ausbau von Masterplätzen, Schluss mit Zulassungsbeschränkungen und anderen zugangsrelevanten Hindernissen. Und her mit den studierbaren guten Mastern.
Susanne Braun ist politische Referentin in in der Abteilung Jugend und Jugendpolitik des DGB-Bundesvorstandes,
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Foto: Nelo Locke
Die Studie findet ihr hier